Ein Projekt des Studiengangs B¸hnenbild an der Staatlichen Akademie der Bildenden K¸nste Stuttgart, [Klasse Prof. Martin Zehetgruber] in Zusammenarbeit
mit der Staatlichen Hochschule f¸r Musik und Darstellende Kunst Stuttgart. Regie: Hans Kresnik. Premiere: 14. Juli 2002 im Theatersaal der Heusteigstrafle 45.
>> Ich meinerseits verliefle gerne eine Welt, in der die Tat nicht des Traumes Schwester ist.<< (Charles Baudelaire] Charles Baudelaire (1821-1867] ist einer
der wichtigsten Anreger und fr¸hesten Exponenten einer subversiven Moderne. Seine ª Blumen des Bˆsen´, ªdieses entsetzliche Buch´, in das er seinem eigenen
Bekunden nach ªmein ganzes Herz und meine ganze Z‰rtlichkeit, meine ganze Religion, meinen ganzen Hass´ legte, sind ein monumentaler Gegenentwurf zur modernen
b¸rgerlichen Ordnung und den mit ihr verbundenen Wertvorstellungen. Der Trauer ¸ber die Verfl¸chtigung der Gegenwart setzte er eine Asthetik des Plˆtzlichen
entgegen, dem Bedeutungsverlust, der Auflˆsung des Individuums in der groflst‰dtischen Masse einen rauschhaften Heroismus; auf das Br¸chigwerden des christlich-
humanistisch fundierten Wertbildes reagiert er immer auf der Suche nach einem extremen Gegenstandpunkt - mit einem weltverneinenden Satanismus.
Wo das Gute sich nicht mehr halten l‰sst, mithin falsch wird, findet sich zuletzt noch im Bˆsen ein Rest Wahrheit: ª Tief in das Unbekannte, Neues dort zu finden.´
Der Regisseur Hans Kresnik, der mit dem ªchoreographischen Theater´ Tanz und Schauspiel zu einer einzigartigen Form von politischem Theater verbunden hat,
entwickelte gemeinsam mit den B¸hnenbildstudenten der Akademie der Bildenden K¸nste und Schauspielsch¸lern einen Abend ¸ber einen der bedeutendsten Einzelk‰mpfer
der europ‰ischen Moderne. Wer war dieser Dichter, Vertreter des Symbolismus, bekannt f¸r seine bildhafte Sprache, ª dreiviertels verr¸ckt´ [Sartrel, Kranker, Armer,
genialer Asthet und Poet? Wer war dieser Dichter, der laut seiner Bezeichnung Schmutz knetete und in Gold verwandelte? Wer war dieser Baudelaire und wie kriegt
man ihn auf die B¸hne?
Man nehme 900 Meter Latten, 100 Lattenschuhe, 300 Verlegeplatten, 64 Multiplexplatten, 16 Quadratmeter PVC Boden, Schrauben in allen GrˆBen und Maflen, ein Bauger¸st von vier Tonnen, silbernes Zigarettenpapier. Nun gibt man noch alle mˆglichen Klebstoffe, Akkuschrauber, Fingerspitzengef¸hl und manchmal auch rohe Gewalt dazu. Zur Dekoration noch 1 000 weifle Mohnblumen von jeweils 1,10 Meter Hˆhe, 4 800 Watteb‰llchen, 20 000 Bestecke, drei Kilogramm Fliegenlarven und 240 Kerzen dazu genommen. Man f¸ge dies alles zusammen, und nach drei Wochen steht dann eine B¸hne, auf der Baudelaire gespielt werden soll. Nat¸rlich benˆtigt man eine gewisse Vorbereitungszeit Des Weiteren: Ein Regisseur namens Hans Kresnik, sowie acht Schauspieler der Schauspielschule, acht Statisten, 13 B¸hnenbildstudenten und ein ganzes Regiment Freiwilliger. Die B¸hnen- und Kost¸mbildner gehen als erste ans Werk. Ein Modell des Spielorts muss her, gef¸llt mit Inhalt. Gar nicht so einfach bei 13 eigenst‰ndigen, mit Ideen gef¸llten Kˆpfen. Ein wahrer Kampf. So hat man erst in drei Gruppen Ideen entwickelt, dann aber festgestellt, dass es ein grofles Ganzes werden muss. Also alle Ideen in einen Topf geschmissen, gut umger¸hrt, brodeln gelassen und dann abgegossenen. Das Gericht heute: ein Raumkonzept. Silberner Kasten, schr‰g mit Mohnblumen darunter. Der Regisseur akzeptiert. 20 000 Euro stehen zur Verf¸gung, es kann losgehen. Telefone besetzen, ins Internet: Wo bekommt man was und am Besten umsonst? Guten Tag und Auf Wiederhˆren. Sponsorensuche, Planung. ‹berlegen und Verwerfen, Frust und auch Erleuchtung. Baubeginn: Acht Uhr morgens. Die erste Ladung Holz. Eine enge und befahrene Strafle, grofler Lastwagen. 13 Studenten sollen den Gabelstapler ersetzen. Skeptische Blicke, untrainierte Muskeln. Los! 300 Verlegeplatten. Die Treppe hoch in den Saal und zur¸ck. Schweifl flieflt. Morgensport, Wasser w‰re jetzt gut. PVC-Boden auf vier Meter breiter Rolle, verdammt schwer. 160 Quadratmeter mit Klebstoff bespachteln, den Boden schˆn glatt verlegen. Kleine Tanzeinlage auf noch jungfr‰ulichem, weifl-grauem Belag. Bauger¸st f¸r den Unterbau. Wieder Gabelstapler spielen. R¸ckenschmerzen. Nicht jetzt! Wandrahmen bauen. W‰nde mit Zigarettenpapier beziehen. Wie vertr‰gt es sich mit Bindemittel? Sauber abwischen, gutes Resultat. Alles klebt, man selber auch. Kaffee und Gummib‰rchen, weiter. Balken legen und Akkuschrauber laden. Schrauben, s‰gen, passend machen. Dann Richtfest mit Baum und Sekt. Erschˆpfung. Surrende N‰hmaschinen. Mit Schutzbrille und Handschuhen wird gearbeitet. Unz‰hlige T¸llbahnen und ein Schamhaartoupet.
98 Kilo Rindfleisch bitte! Ende M‰rz 1867 verlor Baudelaire die Sprache. Hinzu kam eine L‰hmung der rechten Seite. Alle Mˆglichkeiten, sich auszudr¸cken, waren nicht mehr gegeben. Mit grofler M¸he gelang es ihm manchmal, ein einzelnes Wort zu stammeln, das noch immer ein Protest war: ªCrÈnom!´. Dieses Wort versetzte die frommen Schwestern des Instituts Saint Jean und Sainte Elisabeth in Schrecken. Baudelaire war dort eingeliefert worden, um darauf zu warten, dass ihn seine Mutter nach Paris holen werde. Als er das Institut am 19. April verlassen hatte, lieflen Nonnen einen Teufelsaustreiber in sein Zimmer kommen. [C. Baudelaire von Kurt Kusenberg, rowohlts monographien] Die Vorstellung, in ein Kloster eingesperrt und nicht gl‰ubig zu sein, jeglicher Ausdrucksweise beraubt, was f¸r eine Qual! Viele solcher Anekdoten aus Baudelaires Leben halfen uns dabei, seiner Person und Situation n‰her zu kommen, seine Gedanken und sein Leben besser zu begreifen. Auf unseren Arbeitstischen stapelten sich B¸cher mit solchen Erzählungen, Gedichten und geschichtlichen Fakten aus > Die Blumen des Bˆsen´. Dem Zuschauer bleiben jedoch diese genauen Hintergrundinformationen erst einmal verborgen. So stellte sich f¸r uns immer wieder die Frage: Wie kˆnnen wir diese so persˆnlichen, teils grausamen Erfahrungen Baudelaires und seiner Umwelt in einem Bild, einer Handlung oder einem Kost¸m festhalten, verdeutlichen und auf die B¸hne bringen? Auch Baudelaires Gef¸hl beispielsweise, den unbeliebten Nonnen bei klarem Verstand restlos ausgeliefert zu sein. Papier ist bekanntlich geduldig und so entstanden die absurdesten, unrealistischsten und verr¸cktesten Ideen. Dass eine dieser Zeichnungen dem Regisseur Hans Kresnik nicht mehr aus dem Kopf gehen sollte, kostete uns viele Nerven. ªIch kˆnnte mir vorstellen, dass Baudelaire an ein Bett gefesselt ist und Nonnen ihm sein Fleisch vom lebendigen Leibe schneiden!´ Die Fragen, die sich ein Kost¸mbildner nach solch einem Einfall stellt, sind sehr zahlreich: Wo bekomme ich das Fleisch her? Wie teuer ist es? Wie oft kann man es wiederverwenden? Wieviel Fleisch braucht man f¸r das Kost¸m? Wo tr‰gt es der Schauspieler? Wie wird es befestigt? Welche Sorte Fleisch hat die beste, b¸hnenwirksamste Farbe? Welche Art von Messern werden dann zum Schneiden benˆtigt? Wo tragen die Nonnen diese gef‰hrlichen Waffen? Unsere Skizzenb¸cher und Merkzettel waren daraufhin ¸bers‰t mit Fragen, Telefonnummern und auch Angeboten. ªSchˆnen guten Tag, mein Name ist Irmela Schautz und ich bin Studentin der B¸hnenbildklasse an der Staatlichen Akademie der Bildenden K¸nste Stuttgart. Ich h‰tte da eine Frage an Sie: Wir arbeiten momentan an einem Theaterprojekt und benˆtigen daf¸r ein Fleischkost¸m, das dem Schauspieler auf den Kˆrper gebunden werden soll ...´ Stille am anderen Ende der Leitung. ªMoment mal, ich verbinde Sie weiter!´ Solche Anrufe wurden also zum Alltag. Ob es um 1500 weifle Mohnblumen, Spanplatten, Schrauben, T¸ll, 20 000 Besteckteile oder um das Fleisch ging. Dass uns schliefllich fast alles gelang, wir von Hand an die 98 Kilogramm Rindfleisch mit Nylonfaden in zwei Oberkˆrpergrofle St¸cke zusammenn‰hten, und der vegetarische Schauspieler Johann ohne Murren die Prozedur des Ankleidens mehrmals ¸ber sich ergehen liefl, wer h‰tte das gedacht? Irmela
500 Meter Tuell - Ein Tuellmarathon Der Entwurf f¸r die Edelnutte Sabatier stand fest. Es sollte eine Dame gleich einer Skulptur sein: unnahbar und herrisch! Sobald aber die H¸llen fielen, sollte diese Dame schrumpfen, ihr nackter, kleiner Kˆrper im Gegensatz zu der aufw‰ndigen Verh¸llung stehen. Die Verh¸llung wurde zur ª Vert¸llung´ und die Idee war ein ªRiesenkleid aus T¸llschichten´. Die Frage, wie der Entwurf zu verwirklichen war, bereitete uns schlaflose N‰chte. Unser erster Hilferuf ging ans Staatstheater. Dort vernahmen wir kommentare wie ªOh Gott, sehr aufw‰ndig´, aber auch >> Das ist schˆn! Das m¸sst Ihr unbedingt machen! Die T¸llschlacht begann. Der Unterrock war fertig, T¸ll bestellt und geschnitten, los ging's! Bereits nach wenigen Tagen wurde aus der kleinen Schneiderei in der Heusteigstrafle eine T¸llerei. ‹berall lagen zusammengeraffte T¸llbahnen, die anschlieflend aufgen‰ht werden mussten. Jeder, der es wagte, die Schneiderei zu betreten, wurde zum T¸llraffen verdammt. Man betrat nur noch mit ‰uflerster Vorsicht und einer guten Ausrede auf den Lippen diese Hˆllenkammer. Die intelligenten T¸llraffer hielten sich bei Laune, indem sie den T¸ll im Hofgarten bei Sonnenschein bearbeiteten. Ich selbst hatte mich an der N‰hmaschine niedergelassen; nach einer Stunde hatte ich gerade mal einen Zentimeter T¸ll auf dem Unterrock aufgen‰ht. Zun‰chst ¸berrascht, dann entt‰uscht und entnervt musste ich mich sehr dazu zwingen, stets brav an der N‰hmaschine zu sitzen und weiterzun‰hen. T¸ll, T¸ll und nochmals T¸ll. Aber das Kleid wuchs heran (wenn auch langsam] und es nahte der Tag der Pr‰sentation. Kresnik murmelte und meinte dann nur: ªWas kann man damit machen? Das ist doch nur schˆn, ein Ballkleid eben!´ Und nach einer Weile: ªMan kˆnnte es ja hinten aufreiflen und jemanden unter dem Rock sitzen lassen - ja, kaputt machen!´ Kresnik war nie zimperlich, das wusste ich schon, aber dieses Kleid, f¸r das wir uns so hatten qu‰len m¸ssen, jetzt einfach zu zerreiflen, das war unzul‰ssig! Das Kleid wurde anderweitig getestet, Johann musste sich probeweise unter dem Rock verstecken, das Kleid wurde schliefllich akzeptiert. Nun galt es, das Kleid funktionst¸chtig zu machen, das Oberteil vom Rock zu trennen und einen Plastikunterrock einzun‰hen, um das Kleid und die Schauspielerin, die es trug, besser zu sch¸tzen. Ich bestellte T¸ll nach, da das Kleid noch grˆfler werden sollte. Bei all diesen Arbeitsschritten trug ich Armbinden und eine Schweiflerschutzbrille, die mich vor dem stechenden T¸ll und den h‰ufig abbrechenden N‰hmaschinennadeln sch¸tzten. Ganze 500 Meter T¸ll wurden verarbeitet - ein T¸llmarathon eben. Lucia
Maden ans Theater ªIn einer fetten Erde voller Schnecken will ich mir selber eine tiefe Grube graben, wo ich meine alten Knochen gem‰chlich strecken kann und im Vergessen schlafen wie ein Hai im Meer. Ich hasse die Testamente, und ich hasse die Gr‰ber; lieber will ich, statt die Welt um eine Tr‰ne anzuflehen, bei lebendigem Leibe die Raben zu Gaste bitten, dass sie mein scheuflliches Gerippe aller Enden schrˆpfen. O W¸rmer! Schwarze Freunde, ohr und augenlos, seht einen frei und frohen Toten zu euch kommen! Wohlweise Prasser, Sˆhne der F‰ulnis ...´ ... Text schˆn und gut, aber es muss eine Szene her! Ein Bild f¸r Tod und Verwesung, und zwar schnell! Es ist fast unmˆglich, eine Idee zu haben, die Kresnik nicht provinziell findet, oder die es nicht schon 1968 oder 1972 gab. Nach dem zwanzigsten ihr seid's so langweilig´, ¸berwinden wir unsere letzten ethischen und moralischen Bedenken und entscheiden uns f¸r die Fliegen und den Fluginsektenvernichtungsapparat, diese blaue Lampe mit Fliegengitter davor. Kresnik sagt nichts mehr, nur: ªEs m¸ssen aber hunderttausend Fliegen sein´. Wir finden sogar einen Schauspieler, der sich bereit erkl‰rt, mit den Fliegen einen K‰fig zu teilen. Erst kaufen wir also alle Maden Stuttgarts auf, dann f¸llen wir sie in Eimer und warten. Es dauert etwa f¸nf Tage, bis eine Made zur Fliege wird, man muss also vordenken und immer neue Maden ansetzen. ‹ber Internet bestellen wir sie deshalb kiloweise. Verstˆrte UPS-M‰nner strecken uns immer neue Pakete entgegen mit der Aufschrift ª verderbliche Ware´ und den Worten: ª Nehmen Sie, nehmen Sie schnell, bitte!!!´ Durch die Gucklˆcher im Karton sieht man tausende von weiflen, sich windenden W¸rmchen, bereit zur Verwandlung in bekannte Flugobjekte. Bald ist unsere Seitenb¸hne mit Eimern aller Grˆflen verstellt, gut verschlossen mit Schleiernessel. Die erste Zucht misslingt. Wir wollten die Sache mit W‰rme etwas beschleunigen, aber der Scheinwerfer war wohl zu nahe am Eimer platziert und die verpuppten Maden blieben f¸r immer verpuppt. Wir stellen die anderen Eimer tags¸ber in den angenehmen Halbschatten, abends tragen wir sie zur¸ck ins Geb‰ude. Vier Tage vor der Premiere ist es dann soweit, die ersten Fliegen sind geschl¸pft. Morgens noch ein leises Summen, abends dann schon ein lautes Drˆhnen aus dem Eimer, so dass wir denken, gleich fliegt er weg. Tut er aber nicht und es sind auch keine hunderttausend Fliegen, was weitere Fragen aufwirft: Werden wir f¸r jede Vorstellung genug Fliegen haben? Kˆnnen wir notfalls lebende Fliegen kaufen? Wer hat lebende Fliegen? Wer hat lebende Fliegen, die nicht fluglahm und blind sind? Unsere neuen Freunde f¸ttern wir, damit sie bis zur Premiere durchhalten mit dem Mehl-Wasser-Zucker-Gemisch, das auch unsere Statisten in der Federszene zu essen bekommen. Alles klappt bestens, und ohne weitere Madenausf‰lle r¸ckt der Tag der Premiere heran. Dann ist es soweit: Wir entlassen die Fliegen in den K‰fig, dann den honigbeschmierten, nackten Schauspieler. Adieu, Kinderchen! Der Kasten wird auf die B¸hne getragen und wir sehen das blaue Licht der Fliegenlampe durch einen Spalt in der T¸r. In einer fetten Erde... zzzzt... voller Schne... zzzzt...cken, will...zzzzt...ich mir selber...zzzzt... eine tiefe...zzzzt...... Grubezzzzt...... zzzzt... Eine Fliege ist nur kurzer Schall und eine kleine Rauchs‰ule. Constanze
Regiecheck - ein Gang durch die Kulissen pder: Das Geheimnis unseres Erfolges Der Tag beginnt wie in einem Feinschmeckerrestaurant: Alle Zutaten m¸ssen frisch sein f¸r den Abend. Dazu z‰hlen die Bildzeitung, die man mˆglichst unauff‰llig an unterschiedlichen Kiosken oder B‰ckereien ersteht, Joghurt in verschiedenen Geschmacksrichtungen f¸r das Baudelairekind, Baguette als -Fleisch-Ersatz f¸r das Kost¸m des Johann-Baudelaire. Zu den weiteren Auf gaben z‰hlt das Anmischen der ªspermatischen Sauce´: eine Mischung aus Zuckerwasser und Mehl, ‰hnlich der Bechamelsaucen-Konsistenz. Eine t‰gliche Zigarette f¸r Baudelaires Mutter wird verbunden mit der st‰ndigen Suche nach dem Zigarettenetui, denn Schauspieler lassen gerne Dinge an irgendwelchen geheimen Orten stehen und liegen. Oben in der Galerie angelangt, werden sogleich die Sicherheitsfackeln in Sicherheitsbrennfl¸ssigkeit und die frischen Mohnblumen in frisches Wasser getaucht. Die Treppe wieder runter, stoflen wir auf das Herzst¸ck der Vorbereitungen: die Madenzucht. T‰glich mit Honig, Wasser und Milch verwˆhnt, gedeihen uns unz‰hlige der schwarzen Flugobjekte, die sodann portionsweise in den K‰fig eingeflogen werden. Unser Tipp: Fliegen lieben Licht. Wir ¸berpr¸fen hier auch noch den Besen f¸r die linke B¸hnenseite, sowie die Anwesenheit der Kettens‰ge. Dann noch durch das Gest‰nge zum hinteren Raum. Dort befinden sich Rauschutensilien wie die Opiumpfeife, die mit Knasterhanf gef¸llt angereichert wird, sowie die Kohlepl‰ttchen, die in mehreren gufleisernen Gef‰flen unter der Zuschauertrib¸hne angez¸ndet werden und mit allerlei aromatischen Spezereien garniert den Zuschauern einen gehˆrigen Rausch vermitteln sollen. Wieder in der K¸che angelangt, werden kurz vor Einlass noch der Wasserstand sowie die Wassertemperatur des Badebeckens Baudelaires ¸berpr¸ft. Zuguterletzt wird die B¸hne mit ª Penaten Babypuder´ gepudert, um Baudelaire zu Beginn des St¸cks den richtigen Rutsch auf der schr‰gen B¸hne zu geben. Vor den Augen eines professionellen Feuerwehrmannes werden 240 Kerzen entz¸ndet - Jetzt kann die Vorstellung beginnen. Indra und Sebastian
Eine unendliche Geschichte zu einer weiten Hose Zu Beginn unserer Probenzeit erfuhren wir, dass sich unser vor Kreativit‰t nur so sprudelnde Regisseur wieder eine neue Szene ausgedacht hatte, die nat¸rlich auch am n‰chsten Vormittag schon technisch durchf¸hrbar sein sollte: Eine junge Dame musste mit in die Hose eines jungen Mannes steigen. Diese ¸berweite Hose wurde also hergestellt, wir n‰hten sogar zwei davon. Aus Versehen, aber um so besser, denn am folgenden Probetag war die erste weite Hose plˆtzlich verschwunden. Es war schon Nacht, das Theater war abgedunkelt; in diesen Lichtverh‰ltnissen suchten wir ¸berall nach der ¸berweiten Hose, mit einem sehr ungeduldigen Regisseur im Nacken! So waren wir gottfroh, die zweite Hose gefunden zu haben, um einen Wutausbruch des Regisseurs zu verhindern. Die Schauspieler mussten in der Hose liegend auf der B¸hne entlang schlittern, doch die Hose war daf¸r nicht geeignet. Dank der tapferen Schauspieler wurde das zum Gl¸ck erst nach der Probe bemerkt, denn die Hose war besser gesagt nur noch ein lˆchriger Lumpen. F¸r den n‰chsten Tag wurde schnell noch eine dritte gen‰ht, durchaus rutschf‰hig, aber unseren ‰sthetischen Anspr¸chen noch nicht gewachsen. Wir n‰hten also noch eine vierte, aber der ausgedachte Trick funktionierte nicht: Am folgenden Tag kam die junge Dame als zweite Person einfach nicht in die Hose hinein. Wir seien alle unf‰hig, befand der Regisseur. Bis zum Abend wurden drei weitere Hosen mit unterschiedlichen Patenten gen‰ht, um den gew¸nschten Effekt der engen Hose, die sich unerwartet erweitert, zu erzeugen. Am folgenden Tag hatten wir die grofle Freude, eine vom Regisseur abgesegnete Hose zu haben. Es wurden noch einige Verfeinerungen durchgef¸hrt, aber den groflen Arger hatten wir hinter uns. Sabina
Man nehme 900 Meter Latten, 100 Lattenschuhe, 300 Verlegeplatten, 64 Multiplexplatten, 16 Quadratmeter PVC Boden, Schrauben in allen GrˆBen und Maflen, ein Bauger¸st von vier Tonnen, silbernes Zigarettenpapier. Nun gibt man noch alle mˆglichen Klebstoffe, Akkuschrauber, Fingerspitzengef¸hl und manchmal auch rohe Gewalt dazu. Zur Dekoration noch 1 000 weifle Mohnblumen von jeweils 1,10 Meter Hˆhe, 4 800 Watteb‰llchen, 20 000 Bestecke, drei Kilogramm Fliegenlarven und 240 Kerzen dazu genommen. Man f¸ge dies alles zusammen, und nach drei Wochen steht dann eine B¸hne, auf der Baudelaire gespielt werden soll. Nat¸rlich benˆtigt man eine gewisse Vorbereitungszeit Des Weiteren: Ein Regisseur namens Hans Kresnik, sowie acht Schauspieler der Schauspielschule, acht Statisten, 13 B¸hnenbildstudenten und ein ganzes Regiment Freiwilliger. Die B¸hnen- und Kost¸mbildner gehen als erste ans Werk. Ein Modell des Spielorts muss her, gef¸llt mit Inhalt. Gar nicht so einfach bei 13 eigenst‰ndigen, mit Ideen gef¸llten Kˆpfen. Ein wahrer Kampf. So hat man erst in drei Gruppen Ideen entwickelt, dann aber festgestellt, dass es ein grofles Ganzes werden muss. Also alle Ideen in einen Topf geschmissen, gut umger¸hrt, brodeln gelassen und dann abgegossenen. Das Gericht heute: ein Raumkonzept. Silberner Kasten, schr‰g mit Mohnblumen darunter. Der Regisseur akzeptiert. 20 000 Euro stehen zur Verf¸gung, es kann losgehen. Telefone besetzen, ins Internet: Wo bekommt man was und am Besten umsonst? Guten Tag und Auf Wiederhˆren. Sponsorensuche, Planung. ‹berlegen und Verwerfen, Frust und auch Erleuchtung. Baubeginn: Acht Uhr morgens. Die erste Ladung Holz. Eine enge und befahrene Strafle, grofler Lastwagen. 13 Studenten sollen den Gabelstapler ersetzen. Skeptische Blicke, untrainierte Muskeln. Los! 300 Verlegeplatten. Die Treppe hoch in den Saal und zur¸ck. Schweifl flieflt. Morgensport, Wasser w‰re jetzt gut. PVC-Boden auf vier Meter breiter Rolle, verdammt schwer. 160 Quadratmeter mit Klebstoff bespachteln, den Boden schˆn glatt verlegen. Kleine Tanzeinlage auf noch jungfr‰ulichem, weifl-grauem Belag. Bauger¸st f¸r den Unterbau. Wieder Gabelstapler spielen. R¸ckenschmerzen. Nicht jetzt! Wandrahmen bauen. W‰nde mit Zigarettenpapier beziehen. Wie vertr‰gt es sich mit Bindemittel? Sauber abwischen, gutes Resultat. Alles klebt, man selber auch. Kaffee und Gummib‰rchen, weiter. Balken legen und Akkuschrauber laden. Schrauben, s‰gen, passend machen. Dann Richtfest mit Baum und Sekt. Erschˆpfung. Surrende N‰hmaschinen. Mit Schutzbrille und Handschuhen wird gearbeitet. Unz‰hlige T¸llbahnen und ein Schamhaartoupet.
98 Kilo Rindfleisch bitte! Ende M‰rz 1867 verlor Baudelaire die Sprache. Hinzu kam eine L‰hmung der rechten Seite. Alle Mˆglichkeiten, sich auszudr¸cken, waren nicht mehr gegeben. Mit grofler M¸he gelang es ihm manchmal, ein einzelnes Wort zu stammeln, das noch immer ein Protest war: ªCrÈnom!´. Dieses Wort versetzte die frommen Schwestern des Instituts Saint Jean und Sainte Elisabeth in Schrecken. Baudelaire war dort eingeliefert worden, um darauf zu warten, dass ihn seine Mutter nach Paris holen werde. Als er das Institut am 19. April verlassen hatte, lieflen Nonnen einen Teufelsaustreiber in sein Zimmer kommen. [C. Baudelaire von Kurt Kusenberg, rowohlts monographien] Die Vorstellung, in ein Kloster eingesperrt und nicht gl‰ubig zu sein, jeglicher Ausdrucksweise beraubt, was f¸r eine Qual! Viele solcher Anekdoten aus Baudelaires Leben halfen uns dabei, seiner Person und Situation n‰her zu kommen, seine Gedanken und sein Leben besser zu begreifen. Auf unseren Arbeitstischen stapelten sich B¸cher mit solchen Erzählungen, Gedichten und geschichtlichen Fakten aus > Die Blumen des Bˆsen´. Dem Zuschauer bleiben jedoch diese genauen Hintergrundinformationen erst einmal verborgen. So stellte sich f¸r uns immer wieder die Frage: Wie kˆnnen wir diese so persˆnlichen, teils grausamen Erfahrungen Baudelaires und seiner Umwelt in einem Bild, einer Handlung oder einem Kost¸m festhalten, verdeutlichen und auf die B¸hne bringen? Auch Baudelaires Gef¸hl beispielsweise, den unbeliebten Nonnen bei klarem Verstand restlos ausgeliefert zu sein. Papier ist bekanntlich geduldig und so entstanden die absurdesten, unrealistischsten und verr¸cktesten Ideen. Dass eine dieser Zeichnungen dem Regisseur Hans Kresnik nicht mehr aus dem Kopf gehen sollte, kostete uns viele Nerven. ªIch kˆnnte mir vorstellen, dass Baudelaire an ein Bett gefesselt ist und Nonnen ihm sein Fleisch vom lebendigen Leibe schneiden!´ Die Fragen, die sich ein Kost¸mbildner nach solch einem Einfall stellt, sind sehr zahlreich: Wo bekomme ich das Fleisch her? Wie teuer ist es? Wie oft kann man es wiederverwenden? Wieviel Fleisch braucht man f¸r das Kost¸m? Wo tr‰gt es der Schauspieler? Wie wird es befestigt? Welche Sorte Fleisch hat die beste, b¸hnenwirksamste Farbe? Welche Art von Messern werden dann zum Schneiden benˆtigt? Wo tragen die Nonnen diese gef‰hrlichen Waffen? Unsere Skizzenb¸cher und Merkzettel waren daraufhin ¸bers‰t mit Fragen, Telefonnummern und auch Angeboten. ªSchˆnen guten Tag, mein Name ist Irmela Schautz und ich bin Studentin der B¸hnenbildklasse an der Staatlichen Akademie der Bildenden K¸nste Stuttgart. Ich h‰tte da eine Frage an Sie: Wir arbeiten momentan an einem Theaterprojekt und benˆtigen daf¸r ein Fleischkost¸m, das dem Schauspieler auf den Kˆrper gebunden werden soll ...´ Stille am anderen Ende der Leitung. ªMoment mal, ich verbinde Sie weiter!´ Solche Anrufe wurden also zum Alltag. Ob es um 1500 weifle Mohnblumen, Spanplatten, Schrauben, T¸ll, 20 000 Besteckteile oder um das Fleisch ging. Dass uns schliefllich fast alles gelang, wir von Hand an die 98 Kilogramm Rindfleisch mit Nylonfaden in zwei Oberkˆrpergrofle St¸cke zusammenn‰hten, und der vegetarische Schauspieler Johann ohne Murren die Prozedur des Ankleidens mehrmals ¸ber sich ergehen liefl, wer h‰tte das gedacht? Irmela
500 Meter Tuell - Ein Tuellmarathon Der Entwurf f¸r die Edelnutte Sabatier stand fest. Es sollte eine Dame gleich einer Skulptur sein: unnahbar und herrisch! Sobald aber die H¸llen fielen, sollte diese Dame schrumpfen, ihr nackter, kleiner Kˆrper im Gegensatz zu der aufw‰ndigen Verh¸llung stehen. Die Verh¸llung wurde zur ª Vert¸llung´ und die Idee war ein ªRiesenkleid aus T¸llschichten´. Die Frage, wie der Entwurf zu verwirklichen war, bereitete uns schlaflose N‰chte. Unser erster Hilferuf ging ans Staatstheater. Dort vernahmen wir kommentare wie ªOh Gott, sehr aufw‰ndig´, aber auch >> Das ist schˆn! Das m¸sst Ihr unbedingt machen! Die T¸llschlacht begann. Der Unterrock war fertig, T¸ll bestellt und geschnitten, los ging's! Bereits nach wenigen Tagen wurde aus der kleinen Schneiderei in der Heusteigstrafle eine T¸llerei. ‹berall lagen zusammengeraffte T¸llbahnen, die anschlieflend aufgen‰ht werden mussten. Jeder, der es wagte, die Schneiderei zu betreten, wurde zum T¸llraffen verdammt. Man betrat nur noch mit ‰uflerster Vorsicht und einer guten Ausrede auf den Lippen diese Hˆllenkammer. Die intelligenten T¸llraffer hielten sich bei Laune, indem sie den T¸ll im Hofgarten bei Sonnenschein bearbeiteten. Ich selbst hatte mich an der N‰hmaschine niedergelassen; nach einer Stunde hatte ich gerade mal einen Zentimeter T¸ll auf dem Unterrock aufgen‰ht. Zun‰chst ¸berrascht, dann entt‰uscht und entnervt musste ich mich sehr dazu zwingen, stets brav an der N‰hmaschine zu sitzen und weiterzun‰hen. T¸ll, T¸ll und nochmals T¸ll. Aber das Kleid wuchs heran (wenn auch langsam] und es nahte der Tag der Pr‰sentation. Kresnik murmelte und meinte dann nur: ªWas kann man damit machen? Das ist doch nur schˆn, ein Ballkleid eben!´ Und nach einer Weile: ªMan kˆnnte es ja hinten aufreiflen und jemanden unter dem Rock sitzen lassen - ja, kaputt machen!´ Kresnik war nie zimperlich, das wusste ich schon, aber dieses Kleid, f¸r das wir uns so hatten qu‰len m¸ssen, jetzt einfach zu zerreiflen, das war unzul‰ssig! Das Kleid wurde anderweitig getestet, Johann musste sich probeweise unter dem Rock verstecken, das Kleid wurde schliefllich akzeptiert. Nun galt es, das Kleid funktionst¸chtig zu machen, das Oberteil vom Rock zu trennen und einen Plastikunterrock einzun‰hen, um das Kleid und die Schauspielerin, die es trug, besser zu sch¸tzen. Ich bestellte T¸ll nach, da das Kleid noch grˆfler werden sollte. Bei all diesen Arbeitsschritten trug ich Armbinden und eine Schweiflerschutzbrille, die mich vor dem stechenden T¸ll und den h‰ufig abbrechenden N‰hmaschinennadeln sch¸tzten. Ganze 500 Meter T¸ll wurden verarbeitet - ein T¸llmarathon eben. Lucia
Maden ans Theater ªIn einer fetten Erde voller Schnecken will ich mir selber eine tiefe Grube graben, wo ich meine alten Knochen gem‰chlich strecken kann und im Vergessen schlafen wie ein Hai im Meer. Ich hasse die Testamente, und ich hasse die Gr‰ber; lieber will ich, statt die Welt um eine Tr‰ne anzuflehen, bei lebendigem Leibe die Raben zu Gaste bitten, dass sie mein scheuflliches Gerippe aller Enden schrˆpfen. O W¸rmer! Schwarze Freunde, ohr und augenlos, seht einen frei und frohen Toten zu euch kommen! Wohlweise Prasser, Sˆhne der F‰ulnis ...´ ... Text schˆn und gut, aber es muss eine Szene her! Ein Bild f¸r Tod und Verwesung, und zwar schnell! Es ist fast unmˆglich, eine Idee zu haben, die Kresnik nicht provinziell findet, oder die es nicht schon 1968 oder 1972 gab. Nach dem zwanzigsten ihr seid's so langweilig´, ¸berwinden wir unsere letzten ethischen und moralischen Bedenken und entscheiden uns f¸r die Fliegen und den Fluginsektenvernichtungsapparat, diese blaue Lampe mit Fliegengitter davor. Kresnik sagt nichts mehr, nur: ªEs m¸ssen aber hunderttausend Fliegen sein´. Wir finden sogar einen Schauspieler, der sich bereit erkl‰rt, mit den Fliegen einen K‰fig zu teilen. Erst kaufen wir also alle Maden Stuttgarts auf, dann f¸llen wir sie in Eimer und warten. Es dauert etwa f¸nf Tage, bis eine Made zur Fliege wird, man muss also vordenken und immer neue Maden ansetzen. ‹ber Internet bestellen wir sie deshalb kiloweise. Verstˆrte UPS-M‰nner strecken uns immer neue Pakete entgegen mit der Aufschrift ª verderbliche Ware´ und den Worten: ª Nehmen Sie, nehmen Sie schnell, bitte!!!´ Durch die Gucklˆcher im Karton sieht man tausende von weiflen, sich windenden W¸rmchen, bereit zur Verwandlung in bekannte Flugobjekte. Bald ist unsere Seitenb¸hne mit Eimern aller Grˆflen verstellt, gut verschlossen mit Schleiernessel. Die erste Zucht misslingt. Wir wollten die Sache mit W‰rme etwas beschleunigen, aber der Scheinwerfer war wohl zu nahe am Eimer platziert und die verpuppten Maden blieben f¸r immer verpuppt. Wir stellen die anderen Eimer tags¸ber in den angenehmen Halbschatten, abends tragen wir sie zur¸ck ins Geb‰ude. Vier Tage vor der Premiere ist es dann soweit, die ersten Fliegen sind geschl¸pft. Morgens noch ein leises Summen, abends dann schon ein lautes Drˆhnen aus dem Eimer, so dass wir denken, gleich fliegt er weg. Tut er aber nicht und es sind auch keine hunderttausend Fliegen, was weitere Fragen aufwirft: Werden wir f¸r jede Vorstellung genug Fliegen haben? Kˆnnen wir notfalls lebende Fliegen kaufen? Wer hat lebende Fliegen? Wer hat lebende Fliegen, die nicht fluglahm und blind sind? Unsere neuen Freunde f¸ttern wir, damit sie bis zur Premiere durchhalten mit dem Mehl-Wasser-Zucker-Gemisch, das auch unsere Statisten in der Federszene zu essen bekommen. Alles klappt bestens, und ohne weitere Madenausf‰lle r¸ckt der Tag der Premiere heran. Dann ist es soweit: Wir entlassen die Fliegen in den K‰fig, dann den honigbeschmierten, nackten Schauspieler. Adieu, Kinderchen! Der Kasten wird auf die B¸hne getragen und wir sehen das blaue Licht der Fliegenlampe durch einen Spalt in der T¸r. In einer fetten Erde... zzzzt... voller Schne... zzzzt...cken, will...zzzzt...ich mir selber...zzzzt... eine tiefe...zzzzt...... Grubezzzzt...... zzzzt... Eine Fliege ist nur kurzer Schall und eine kleine Rauchs‰ule. Constanze
Regiecheck - ein Gang durch die Kulissen pder: Das Geheimnis unseres Erfolges Der Tag beginnt wie in einem Feinschmeckerrestaurant: Alle Zutaten m¸ssen frisch sein f¸r den Abend. Dazu z‰hlen die Bildzeitung, die man mˆglichst unauff‰llig an unterschiedlichen Kiosken oder B‰ckereien ersteht, Joghurt in verschiedenen Geschmacksrichtungen f¸r das Baudelairekind, Baguette als -Fleisch-Ersatz f¸r das Kost¸m des Johann-Baudelaire. Zu den weiteren Auf gaben z‰hlt das Anmischen der ªspermatischen Sauce´: eine Mischung aus Zuckerwasser und Mehl, ‰hnlich der Bechamelsaucen-Konsistenz. Eine t‰gliche Zigarette f¸r Baudelaires Mutter wird verbunden mit der st‰ndigen Suche nach dem Zigarettenetui, denn Schauspieler lassen gerne Dinge an irgendwelchen geheimen Orten stehen und liegen. Oben in der Galerie angelangt, werden sogleich die Sicherheitsfackeln in Sicherheitsbrennfl¸ssigkeit und die frischen Mohnblumen in frisches Wasser getaucht. Die Treppe wieder runter, stoflen wir auf das Herzst¸ck der Vorbereitungen: die Madenzucht. T‰glich mit Honig, Wasser und Milch verwˆhnt, gedeihen uns unz‰hlige der schwarzen Flugobjekte, die sodann portionsweise in den K‰fig eingeflogen werden. Unser Tipp: Fliegen lieben Licht. Wir ¸berpr¸fen hier auch noch den Besen f¸r die linke B¸hnenseite, sowie die Anwesenheit der Kettens‰ge. Dann noch durch das Gest‰nge zum hinteren Raum. Dort befinden sich Rauschutensilien wie die Opiumpfeife, die mit Knasterhanf gef¸llt angereichert wird, sowie die Kohlepl‰ttchen, die in mehreren gufleisernen Gef‰flen unter der Zuschauertrib¸hne angez¸ndet werden und mit allerlei aromatischen Spezereien garniert den Zuschauern einen gehˆrigen Rausch vermitteln sollen. Wieder in der K¸che angelangt, werden kurz vor Einlass noch der Wasserstand sowie die Wassertemperatur des Badebeckens Baudelaires ¸berpr¸ft. Zuguterletzt wird die B¸hne mit ª Penaten Babypuder´ gepudert, um Baudelaire zu Beginn des St¸cks den richtigen Rutsch auf der schr‰gen B¸hne zu geben. Vor den Augen eines professionellen Feuerwehrmannes werden 240 Kerzen entz¸ndet - Jetzt kann die Vorstellung beginnen. Indra und Sebastian
Eine unendliche Geschichte zu einer weiten Hose Zu Beginn unserer Probenzeit erfuhren wir, dass sich unser vor Kreativit‰t nur so sprudelnde Regisseur wieder eine neue Szene ausgedacht hatte, die nat¸rlich auch am n‰chsten Vormittag schon technisch durchf¸hrbar sein sollte: Eine junge Dame musste mit in die Hose eines jungen Mannes steigen. Diese ¸berweite Hose wurde also hergestellt, wir n‰hten sogar zwei davon. Aus Versehen, aber um so besser, denn am folgenden Probetag war die erste weite Hose plˆtzlich verschwunden. Es war schon Nacht, das Theater war abgedunkelt; in diesen Lichtverh‰ltnissen suchten wir ¸berall nach der ¸berweiten Hose, mit einem sehr ungeduldigen Regisseur im Nacken! So waren wir gottfroh, die zweite Hose gefunden zu haben, um einen Wutausbruch des Regisseurs zu verhindern. Die Schauspieler mussten in der Hose liegend auf der B¸hne entlang schlittern, doch die Hose war daf¸r nicht geeignet. Dank der tapferen Schauspieler wurde das zum Gl¸ck erst nach der Probe bemerkt, denn die Hose war besser gesagt nur noch ein lˆchriger Lumpen. F¸r den n‰chsten Tag wurde schnell noch eine dritte gen‰ht, durchaus rutschf‰hig, aber unseren ‰sthetischen Anspr¸chen noch nicht gewachsen. Wir n‰hten also noch eine vierte, aber der ausgedachte Trick funktionierte nicht: Am folgenden Tag kam die junge Dame als zweite Person einfach nicht in die Hose hinein. Wir seien alle unf‰hig, befand der Regisseur. Bis zum Abend wurden drei weitere Hosen mit unterschiedlichen Patenten gen‰ht, um den gew¸nschten Effekt der engen Hose, die sich unerwartet erweitert, zu erzeugen. Am folgenden Tag hatten wir die grofle Freude, eine vom Regisseur abgesegnete Hose zu haben. Es wurden noch einige Verfeinerungen durchgef¸hrt, aber den groflen Arger hatten wir hinter uns. Sabina







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